HerrSuhrbier
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- Harley 1200 Custom, Harley Heritage EVO, 66er Mustang, Raptor und zu viele Mopeds...
Hallo liebe Moped Schrauber und Moped Freunde. Hier mal eine meines Erachtens schöne Geschichte eines Familienmopeds, daß wieder zu neuem Leben erwachte und sogar dann Gutes bezweckte.
Es handelt sich hier um eine 1967er Zündapp Sport Combinette. Ein relativ seltenes Modell. Einerseits war es die letzte Ausführung der „Combinette“ und andererseits der Anfang der darauffolgenden C50 Baureihe. Und wie bei Zündapp üblich wurde hier alt und neu reichlich zusammengemischt.
Dieses gehört dem Forumsmitglied „Powerboxer“ oder auch namentlich der André. Er hatte bereits mehrmals über seine alte Knatterbüchse hier berichtet.
https://www.50er-forum.de/threads/unfall-zuendapp-werkstatt-in-umgebung-dringend-gesucht.24759/
Und da ich wegen eines bestimmten Forumsmitglied ziemlich nahe am Nervenzusammenbruch war habe ich einen nicht ganz ernstgemeinten Satz bezüglich einer Motorreparatur von mir gegeben:
https://www.50er-forum.de/threads/offene-diskussion.26394/page-3

Nun ja. Wir haben dann einfach mal “Oldschool“ telefoniert. Dabei kam dann raus, das die alte Zündapp seit dem Kauf 1967 im Familienbesitz ist. Erst kaufte der Opa das Moped, gab es an dem Sohn weiter, und dieser wieder an den Sohn André (Powerboxer), der auch schon altersmäßig in der Fortgeschrittenen Liga wie die meisten hier spielt. Eigentlich schraube ich nicht an fremden Mopeds, weil ich Privatier bin und auch keine Firma betreibe. Einkünfte muß man ja bekannterweise versteuern. Und eine Gewährleistung kann und will ich auch nicht geben. Es kann ja auch mal etwas schieflaufen. Und dann war da noch die Entfernung von ca. 500 km zwischen André und meiner Basis.
Letztendlich kam mir dann eine Idee wie man die ganze Geschichte dennoch mit Leben erfüllen könnte und die alte Karre wieder zum Laufen bringt. Wenn der gute André das Moped zum „herrsuhrbier“ bringen könnte, dann werde ich das Ding auch höchstwahrscheinlich wieder zum Laufen bringen. Als Lohn für meine Bemühungen sollte der vereinbarte Preis eine Kiste Kölsch sein.
Läuft die Karre dann auch wirklich, dann spendet sowohl der André, als auch ich jeweils 250,- Europa an die Mc Donalds Kinderhilfe Stiftung.
https://www.mcdonalds-kinderhilfe.org/wer-wir-sind/
Und das war dann unser Deal. André mietete sich einen Transporter und brachte die Karre dann zu mir. Das ist hin und zurück ein „Tagesritt“. Respekt!
Dann ging es wie üblich mit dem Befund los. Der Motor war ein Typ 278-01, der in Wirklichkeit aber eigentlich ein Typ 267 ist. Was ist der Unterschied? Im Gegensatz zu den optisch fast gleich aussehenden Nachfolgemodellen ab 1968 haben die bis 1967 gebauten Motore ein kürzeres Pleuel.
Der Nachteil ist, daß es für diese Kurzpleuel Motoren so gut wie keine Ersatzteile mehr gibt. Wenn die Kurbelwelle defekt ist, dann macht es nur noch Sinn die Lang-Pleuel KW einzubauen. Dann braucht man aber auch passende Kolben Und Zylinder.


Nach dem Zerlegen stellte ich fest, daß sowohl Getriebe, als auch die Kurbelwelle in einem erstaunlich guten Zustand waren. Obwohl im Getriebe reichlich Ölschlamm vorhanden und der Raum der Kurbelwelle völlig verkokt war. Ein Indiz dafür, daß der Motor schon reichlich Getriebeöl mit verbrannte. Viel Öl zum Ablassen war auch nicht mehr. Das obere Nadellager hatte aber bereits Nadelkaries und mußte mit dem Kolbenbolzen getauscht werden. Auch dieser war schon deutlich eingelaufen. Die äußeren KW-Lager haben auch schon gerattert und die Simmerringe waren knüppelhart.
Der noch originale Kolbenschmidt Kolben hatte im Zylinder ein Spiel von ca. 7/100stel. Das Neumaß war mal 3/100stel. Nicht perfekt, aber durchaus akzeptabel bei 22000 km Laufleistung. Eine vernünftige Alternative gab es ohnehin nicht. Also alles bestmöglich reparieren und Instandsetzen.



Der BING Seitenschwimmervergaser bekam seine Chance im Ultraschallbad. Diese hatte er aber erwartungsgemäß nicht genutzt und war absolut nicht dicht zu bekommen.
Nach Rücksprache mit André haben wir dann gemeinsam folgende Vorgehensweise beschlossen:
Motor und Getriebe komplett neu lagern. Ebenso alle Dichtungen. Einen alternativen Vergaser anbauen und abstimmen. Die Bosch Zündung, die gar nicht mehr zündete gegen eine 12 Volt kontaktlose CDI Zündung ersetzen.




Zusatzaufgabe:
Dem schon ab Werk eher etwas weniger temperamentvollen 2,6 PS Zylinder etwas mehr Leistung abringen. Und das im Kontext des ohnehin schon nicht mehr ganz taufrischem Setup. Ich gehe davon aus, daß von den ursprünglichen 2,6 Neu-PS ab Werk vielleicht noch 2,0 PS übrig sind.
Leider hat der Einlaß am Zylinder keinen stützenden Steg in der Mitte wie es die Nachfolger Modelle hatten. Und auch die kleinen Überstromkanäle sind nicht für großartiges Tuning geeignet. Von fehlenden Kolbenfenstern mal ganz abgesehen. Deshalb beschloß ich nur den Auslaß ca. 2 mm nach oben zu vergrößern. Dazu einen 70mm Querschnitt Auspuff mit passendem Krümmer.


Special: 12 Volt-55 Watt H3 Lampe in 6 Volt 15 Watt Reflektor


Als Ersatzvergaser sollte ein China 15er BING-Klon zur Anwendung kommen. Dieser paßt natürlich nicht auf den originalen Ansaugstutzen. Ich nahm deshalb einen GTS 50 Ansaugstutzen des Minitherm-Zylinders und paßte den Winkel, als auch die Anschraublöcher entsprechend an. Damit kann man in Verbindung mit einem GTS 50 LuFi-Schlauch die spätere Version von Zündapp in etwa nachbauen. Optisch kaum zu erkennen.



Nachdem der Motor fertig gebaut und wieder im Rahmen war, habe ich noch die gesamte Elektrik erneuert. Die Vorhandene war auch schon nicht mehr original und war mit 2-Adrigen Nachttischlampen Leitungen farblich einheitlich verdrahtet worden. Nach dem Oxidationsgrad zu urteilen war das schon eine ältere „Arbeit“. Keiner weiß ob das der Opa oder gar der Vati war.
So wie bei allen älteren Zündapps wurde auch hier auf eine vernünftige Masse weitestgehend verzichtet. Ich habe das mit einigen Zusatzleitungen und einem zentralen Massebock verbessert.
Der spannendste Moment war natürlich der erste Start nach der Komplettkur. Nach ein paar Tritten sprang der Motor dann an und knatterte kernig Zündapp typisch vor sich hin. Nach ein paar Probefahrten änderte ich noch die Hauptdüse des 15er BING Klon von 70 auf 74. Den ursprünglichen Zündzeitpunkt von 1,8 mm reduzierte ich auf 1,5 mm. Bei den 12 Volt Ersatz CDI Zündungen sollte man nicht vergessen, daß diese bei höheren Drehzahlen den ZZP noch weiter nach Frühzündung verlegen und es zu unerwünschtem „klingeln“ kommen kann.
Nach dem alles fertig abgestimmt war kommt man auf der Geraden mit etwas Anlauf auf ca. 65 km/h Etwas nachteilig wirkt sich natürlich das originale 3-Gang Getriebe aus. Hier ist die immense Spreizung vom 2ten auf den dritten Gang dafür verantwortlich. Man muß halt den 2ten ordentlich hochdrehen.
Aber der Rest funktioniert jetzt alles so wie es soll. Dann kam der André aus dem tiefsten Westen zu mir und brachte anständigerweise noch eine Kiste „Alt“ mit. Als Düsseldorfer versteht sich das wohl. Danke dafür.
Die Spende von 2 x 250,- haben wir dann auch sofort veranlaßt. Also Ende gut alles gut. Die 67er Sport Combinette ist jetzt wieder in ihrem angestammten Zuhause.
Viele Grüße Christoph
Es handelt sich hier um eine 1967er Zündapp Sport Combinette. Ein relativ seltenes Modell. Einerseits war es die letzte Ausführung der „Combinette“ und andererseits der Anfang der darauffolgenden C50 Baureihe. Und wie bei Zündapp üblich wurde hier alt und neu reichlich zusammengemischt.
Dieses gehört dem Forumsmitglied „Powerboxer“ oder auch namentlich der André. Er hatte bereits mehrmals über seine alte Knatterbüchse hier berichtet.
https://www.50er-forum.de/threads/unfall-zuendapp-werkstatt-in-umgebung-dringend-gesucht.24759/
Und da ich wegen eines bestimmten Forumsmitglied ziemlich nahe am Nervenzusammenbruch war habe ich einen nicht ganz ernstgemeinten Satz bezüglich einer Motorreparatur von mir gegeben:
https://www.50er-forum.de/threads/offene-diskussion.26394/page-3

Nun ja. Wir haben dann einfach mal “Oldschool“ telefoniert. Dabei kam dann raus, das die alte Zündapp seit dem Kauf 1967 im Familienbesitz ist. Erst kaufte der Opa das Moped, gab es an dem Sohn weiter, und dieser wieder an den Sohn André (Powerboxer), der auch schon altersmäßig in der Fortgeschrittenen Liga wie die meisten hier spielt. Eigentlich schraube ich nicht an fremden Mopeds, weil ich Privatier bin und auch keine Firma betreibe. Einkünfte muß man ja bekannterweise versteuern. Und eine Gewährleistung kann und will ich auch nicht geben. Es kann ja auch mal etwas schieflaufen. Und dann war da noch die Entfernung von ca. 500 km zwischen André und meiner Basis.
Letztendlich kam mir dann eine Idee wie man die ganze Geschichte dennoch mit Leben erfüllen könnte und die alte Karre wieder zum Laufen bringt. Wenn der gute André das Moped zum „herrsuhrbier“ bringen könnte, dann werde ich das Ding auch höchstwahrscheinlich wieder zum Laufen bringen. Als Lohn für meine Bemühungen sollte der vereinbarte Preis eine Kiste Kölsch sein.
Läuft die Karre dann auch wirklich, dann spendet sowohl der André, als auch ich jeweils 250,- Europa an die Mc Donalds Kinderhilfe Stiftung.
https://www.mcdonalds-kinderhilfe.org/wer-wir-sind/
Und das war dann unser Deal. André mietete sich einen Transporter und brachte die Karre dann zu mir. Das ist hin und zurück ein „Tagesritt“. Respekt!
Dann ging es wie üblich mit dem Befund los. Der Motor war ein Typ 278-01, der in Wirklichkeit aber eigentlich ein Typ 267 ist. Was ist der Unterschied? Im Gegensatz zu den optisch fast gleich aussehenden Nachfolgemodellen ab 1968 haben die bis 1967 gebauten Motore ein kürzeres Pleuel.
Der Nachteil ist, daß es für diese Kurzpleuel Motoren so gut wie keine Ersatzteile mehr gibt. Wenn die Kurbelwelle defekt ist, dann macht es nur noch Sinn die Lang-Pleuel KW einzubauen. Dann braucht man aber auch passende Kolben Und Zylinder.


Nach dem Zerlegen stellte ich fest, daß sowohl Getriebe, als auch die Kurbelwelle in einem erstaunlich guten Zustand waren. Obwohl im Getriebe reichlich Ölschlamm vorhanden und der Raum der Kurbelwelle völlig verkokt war. Ein Indiz dafür, daß der Motor schon reichlich Getriebeöl mit verbrannte. Viel Öl zum Ablassen war auch nicht mehr. Das obere Nadellager hatte aber bereits Nadelkaries und mußte mit dem Kolbenbolzen getauscht werden. Auch dieser war schon deutlich eingelaufen. Die äußeren KW-Lager haben auch schon gerattert und die Simmerringe waren knüppelhart.
Der noch originale Kolbenschmidt Kolben hatte im Zylinder ein Spiel von ca. 7/100stel. Das Neumaß war mal 3/100stel. Nicht perfekt, aber durchaus akzeptabel bei 22000 km Laufleistung. Eine vernünftige Alternative gab es ohnehin nicht. Also alles bestmöglich reparieren und Instandsetzen.



Der BING Seitenschwimmervergaser bekam seine Chance im Ultraschallbad. Diese hatte er aber erwartungsgemäß nicht genutzt und war absolut nicht dicht zu bekommen.
Nach Rücksprache mit André haben wir dann gemeinsam folgende Vorgehensweise beschlossen:
Motor und Getriebe komplett neu lagern. Ebenso alle Dichtungen. Einen alternativen Vergaser anbauen und abstimmen. Die Bosch Zündung, die gar nicht mehr zündete gegen eine 12 Volt kontaktlose CDI Zündung ersetzen.




Zusatzaufgabe:
Dem schon ab Werk eher etwas weniger temperamentvollen 2,6 PS Zylinder etwas mehr Leistung abringen. Und das im Kontext des ohnehin schon nicht mehr ganz taufrischem Setup. Ich gehe davon aus, daß von den ursprünglichen 2,6 Neu-PS ab Werk vielleicht noch 2,0 PS übrig sind.
Leider hat der Einlaß am Zylinder keinen stützenden Steg in der Mitte wie es die Nachfolger Modelle hatten. Und auch die kleinen Überstromkanäle sind nicht für großartiges Tuning geeignet. Von fehlenden Kolbenfenstern mal ganz abgesehen. Deshalb beschloß ich nur den Auslaß ca. 2 mm nach oben zu vergrößern. Dazu einen 70mm Querschnitt Auspuff mit passendem Krümmer.


Special: 12 Volt-55 Watt H3 Lampe in 6 Volt 15 Watt Reflektor


Als Ersatzvergaser sollte ein China 15er BING-Klon zur Anwendung kommen. Dieser paßt natürlich nicht auf den originalen Ansaugstutzen. Ich nahm deshalb einen GTS 50 Ansaugstutzen des Minitherm-Zylinders und paßte den Winkel, als auch die Anschraublöcher entsprechend an. Damit kann man in Verbindung mit einem GTS 50 LuFi-Schlauch die spätere Version von Zündapp in etwa nachbauen. Optisch kaum zu erkennen.



Nachdem der Motor fertig gebaut und wieder im Rahmen war, habe ich noch die gesamte Elektrik erneuert. Die Vorhandene war auch schon nicht mehr original und war mit 2-Adrigen Nachttischlampen Leitungen farblich einheitlich verdrahtet worden. Nach dem Oxidationsgrad zu urteilen war das schon eine ältere „Arbeit“. Keiner weiß ob das der Opa oder gar der Vati war.
So wie bei allen älteren Zündapps wurde auch hier auf eine vernünftige Masse weitestgehend verzichtet. Ich habe das mit einigen Zusatzleitungen und einem zentralen Massebock verbessert.
Der spannendste Moment war natürlich der erste Start nach der Komplettkur. Nach ein paar Tritten sprang der Motor dann an und knatterte kernig Zündapp typisch vor sich hin. Nach ein paar Probefahrten änderte ich noch die Hauptdüse des 15er BING Klon von 70 auf 74. Den ursprünglichen Zündzeitpunkt von 1,8 mm reduzierte ich auf 1,5 mm. Bei den 12 Volt Ersatz CDI Zündungen sollte man nicht vergessen, daß diese bei höheren Drehzahlen den ZZP noch weiter nach Frühzündung verlegen und es zu unerwünschtem „klingeln“ kommen kann.
Nach dem alles fertig abgestimmt war kommt man auf der Geraden mit etwas Anlauf auf ca. 65 km/h Etwas nachteilig wirkt sich natürlich das originale 3-Gang Getriebe aus. Hier ist die immense Spreizung vom 2ten auf den dritten Gang dafür verantwortlich. Man muß halt den 2ten ordentlich hochdrehen.
Aber der Rest funktioniert jetzt alles so wie es soll. Dann kam der André aus dem tiefsten Westen zu mir und brachte anständigerweise noch eine Kiste „Alt“ mit. Als Düsseldorfer versteht sich das wohl. Danke dafür.
Die Spende von 2 x 250,- haben wir dann auch sofort veranlaßt. Also Ende gut alles gut. Die 67er Sport Combinette ist jetzt wieder in ihrem angestammten Zuhause.
Viele Grüße Christoph
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