HerrSuhrbier
Bekanntes Mitglied
- Registriert
- 18 Mai 2022
- Beiträge
- 548
- Plz/Ort
- 04416
- Fahrzeug(e)
- Harley 1200 Custom, Harley Heritage EVO, 66er Mustang, Raptor und zu viele Mopeds...
Restaurierung Zündapp ZD 20 von 1976 1. Serie
Hallo an die Moped Gemeinde
Hier noch der Restaurationsbericht zur Zündapp ZD 20. Den Motor dazu gabs ja schon hier.
https://www.50er-forum.de/threads/ueberholung-eines-3-oder-4-gang-zuendapp-motor.25680/
Vorwort
Normalerweise mag ich ja keine klapprigen Mofas. Eigentlich sind das ja meistens verstärkte Fahrräder mit lahmen 2-Takt Motoren. Dennoch beschlossen meine Kumpels und ich dieses Jahr 2025 mit Mofas und Kutte zum Harley Treffen nach Rüdesheim zu fahren. Gesagt getan. Die Kumpels fuhren ihre Zündapp ZL 25 (2-Gang Schaltung) und ich meine A25 (1-Gang Automatik). Die (Tor-)Tour machte dann doch einen Riesenspaß. Kurz vor Rüdesheim kam uns die Idee vorher nochmal zum Niederwalddenkmal hochzufahren und den herrlichen Rheinblick und ein Bier zu genießen. Die ZLs schaften das locker, aber meine „sportliche“ A 25 kam an und über ihre Leistungsgrenze. Und ich mußte ordentlich unter dem Gelächter der Kumpels mitstrampeln um die Steigung zu erklimmen.
Dennoch geschafft.
Da nach der Tour feststand nun mindestens jedes Jahr so eine Session zu machen, dachte ich mir, daß ich dann aber unbedingt technisch aufrüsten muß. Nur Flachland ist ja auch langweilig.
Also begab ich mich auf die Suche nach einem passenden Objekt. Logischerweise kam für mich nur eine Zündapp 3-Gang in Frage. Die ZS, CS oder Hai Modelle schieden von vornherein für mich aus. Dort merkt man schon sehr deutlich den Sparzwang und viel zu viel Plastik. Für mich der Höhepunkt an Qualität und Langlebigkeit waren schon früher die ZD Modelle. Als Jugendlicher war mein erstes Mofa eine ZD 25 TS. Die bin ich ein Jahr mit Supertherm-Zylinder und 20er Vergaser gefahren. Die Stoßdämpfer waren von einer Florett. Außer das da ständig die Glühbirnen durchgeflogen sind, fuhr das Ding zuverlässig wie eine 50ccm Rakete.
Lang ists her. Hier etwas dümmlich dreinblickend mit 15 Lenzen.
Nach dem Sichten der üblichen Kleinanzeigen, fand ich eine ZD 20 der ersten Serie. Erkennbar unter anderem an den offenen 118mm Bremstrommeln. Der Verkäufer wollte 1.250 Europa dafür. Er sagte die Karre sei angeblich das letzte Mal 2006 gelaufen. Was kaputt war wurde natürlich nicht genau erläutert. Also Termin ausgemacht und ab nach Köln. Das Ding war leider offensichtlich schlechter als beschrieben. Aber es gab die originalen Papiere mit Bedienungsanleitung, aber wiederum keine Schlüssel dazu. Ich wollte erst wieder ohne Mofa abfahren, aber letztendlich haben wir uns auf gerade so erträgliche 1.000,- Europa geeinigt. Der Auspuff ist noch beim Verladen abgefallen und ich ließ das häßliche Ding beim Verkäufer zurück. Das wäre bei mir sowieso im Müll gelandet.
Zuhause erst einmal die übliche Bestandsaufnahme. Da sowieso nichts funktionierte wird das ganze Ding erst einmal komplett zerlegt. Dabei entdeckt man dann auch alle Mängel. Und davon gab es auch reichlich. Und auch ein paar Überraschungen.
Alles war schon einmal nachgepinselt.
Nachdem der Rahmen gestrippt war, kamen eine Menge furchtbare Überraschungen zu Tage. Vor ein paar Jahren hätte ich so einen Rahmen auf den Müll geworfen.
Risse, Brüche und eine bombenfest gerostete Schwinge. Vergleichbar mit einem Starrahmen. Deshalb war auch die Stoßdämpferaufnahme oben im Rahmen-Gußteil ausgelaufen. Hier muß man wissen, daß Zündapp damals Eisenbuchsen und eine Stahlachse verwendet hatte. Rostet daß zusammen, dann ergibt das eine fast unlösbare Verbindung, die auch noch zusätzlich wie ein Dübel im Rahmen wirkt. Bekommt man das nicht mehr auseinander, dann war es das für den Rahmen. An diesem Punkt dachte ich bereits nach, das Ding auszuschlachten und die paar brauchbaren Teile abzubauen. Leider eine üble Dreckskarre, bei der wirklich alles kaputt war. Auch der Motor war so richtig hinüber.
Glücklicherweise ging es dann erst einmal in den Urlaub. Zu Hause wieder angekommen dachte ich mir. OK. Mehr als kaputtmachen geht sowieso nicht mehr. Der Rahmen bekommt eine Chance. Wenn ich die Schwinge zerstörungsfrei vom Rahmen und die Achse aus dem Rahmen bekomme, dann wird die ganze Karre so gut wie möglich restauriert.
Hier die Bestandaufnahme
Und dann kam der Tag der Wahrheit. Zuerst habe ich die Schwinge entfernt. Das ging mit einer kleinen Puk-Säge. Das Sägeblatt paßte gerade so zwischen Rahmen und Schwinge. Das hat ewig gedauert. Spaß hat es faktisch auch nicht gemacht. Gott sei Dank gibt es laute Musik.
Dann kam man an den Rahmen ran. Mit normalen HSS Bohrern kommt man bei so etwas Hartem auch nicht weit. Man sollte von vornherein mit Kobaltbohrern arbeiten. Man hat auch nur die Chance auf Erfolg wenn man ziemlich exakt mittig bohrt. Verläuft der Bohrer in den Rahmen hinein, dann war es das. Also schön langsam freihändig auf dem Boden mit Decke gebohrt. Immer schön mit Öl. Angefangen mit 4mm und nach und nach bis fast 12 mm vorgearbeitet. Endlich gab diese verdammte Achse in der Mitte nach und ich konnte das Lager mit dem Rest der Achse rausschlagen. Das Ganze dauerte einen Vormittag. Die Lagerhülse blieb dabei unbeschädigt.
Dann ging es ans Schweißen. Der Lenkanschlag war wie sehr oft nach hinten gebogen und kurz vor dem abfallen. Mit dem Hammer habe ich das dann wieder passend zurück geklopft und angeschweißt. Zündapp war hier schon ab Werk sehr sparsam mit dem schweißen. Das konnte nicht lange halten.
Dann kam die Hauptarbeit an der Rahmenbasis. Etliche Risse und lose Schweißnähte. Hier wurde wohl ab Werk nicht 100% entfettet. Das war halt schon damals ein Konsumprodukt, welches nicht ewig halten muß. Aber es sind ja auch bereits fast 50 Jahre vergangen und trotz miserabler Behandlung existiert das Ding immer noch.
Zusätzlich zur erforderlichen Reparatur schweiße ich bei den Zündapp-Rahmen immer eine Verstärkung an der Ständeraufnahme mit einer kleinen Stahlbuchse ein. Der Ständer selbst ist die 529/530er Mokick/KKR Version. Dieser erhält auch ein Verstärkungsblech an beiden Seiten und einen Anschlag nach vorne. Den hinteren Anschlag habe ich an den abgenutzten Stellen wieder aufgeschweißt und wird bei der Montage mit einem Gummischlauch überzogen. Klappt man dann den Ständer ein, dann macht es nicht mehr „klack“ und Material wird abgetragen, sondern „blmm“ ganz ohne Materialabtrag.
Jetzt noch die neuen Bronzebuchsen mit dem Holzklotz einschlagen und probeweise die Schwinge zusammenbauen. Nach mechanischer Entfernung mit einer Kunststoffbürste und mit Hilfe des Akkuschraubers, wird das Guß Heck mit Spiritus entfettet und erhält Steinschlagschutz aus der Sprühdose.
Die ausgeschlagenen Gewinde für die Stoßdämpfer werden dann auch entfettet und mit JB Weld verschlossen. Einen Tag später wird wieder aufgebohrt und ein neues M8er Gewinde eingeschnitten. Ich verwende dann etwas längere Schrauben, welche zusätzlich mit einer Mutter und Loctite vom Rahmeninneren gesichert werden kann. Im Original sind die Gewinde nicht durchgängig geschnitten.
Die reparierte Rahmenbasis erhält zusätzlich Zink-Alu Farbe als Korrosionsschutz. Dann wird mit 600er Körnung naß geschliffen und grundiert.
Der Rahmen wird dann nochmal mit 1000er Körnung naß geschliffen und dann lackiert. Zündapp „Racing Rot“ entspricht in etwa RAL 2002 „Blutorange“. Ich verwende grundsätzlich 2K Lack und lackiere in „Zündapp-Qualität“. Also mit der Spraydose. Die Kernkompetenz von Zündapp war damals definitiv nicht das Lackieren. Bei einer neuen Zündapp gab es durch aus das ein oder andere mitlackierte Kleininsekt.
Bevor ich den restlichen Anbauteilen und den Rädern noch beikomme, mache ich zur Erholung erst einmal den Motor. Hier geht es glücklicherweise nicht so grob zu. In meinem kleinen Zündapp Magazin schlummerte noch ein originales Kolben-Zylinder-Pärchen aus 1983 mit 800 km Laufleistung. Die letzten Minitherm-Zylinder hatten statt der üblichen 32mm einen 36er Auspufflansch und die größeren Ü-Kanäle des Mokicks. Die Steuerzeiten des Ein- und Auslasses habe ich dann traditionell mit der Feile noch entsprechend etwas angepaßt. Das untere Kolbenhemd wurde noch dem Ü-Kanal unten angepaßt. Mein Ziel waren optisch original ca. solide 50 Km/h und ordentlich Kraft bergauf.
Leider war die originale Zündanlage völlig hinüber. Das Polrad war krumm, die Bremslichtspule mechanisch zerstört. Die originale 6 Volt 15 Watt Beleuchtung ist natürlich auch ein schlechter Witz und zur Nachtfahrt eher nicht geeignet. Deshalb fiel meine Wahl auf eine einfache 12 Volt CDI Zündung mit 35 Watt. Da der Motor etwas höher als original drehen wird, und der Generator ungeregelt durchaus bis zu 16 Volt unter Last auf die Glühlampen gibt, habe ich vorne eine 12 Volt 55 Watt H7 Birne eingebaut. Diese leuchtet sehr angenehm hell und fliegt nicht gleich durch. Sie funktioniert ähnlich wie ein Spannungsbegrenzer. Man nimmt einfach von der originalen Birne den Außenkranz ab, und steckt die H7 Birne rein. Gehalten wird diese durch den originalen Fußkontakt, der ja isoliert ist. H7 Birnen habe ja ein eigenes Anschlußkabel.
Und weiter geht’s zu den Felgen. Hier kam nach dem Abschleifen das Produktionsdatum zum Vorschein. So wie das aussieht ist diese ZD 20 wohl unmittelbar nach der Vorserie produziert und einer der ersten dieser Serie. Die Produktion begann laut den Aufzeichnungen im November 1976 und wurde im Frühjahr 1977 an die Händler ausgeliefert.
Und dann die übliche Prozedur: Schleifen, grundieren und neue Lager einbauen.
Dann noch Felgensilber mit anschießend Klarlack darüber lackieren.
Weitergehts mit der Sitzbank. Diese war glücklicherweise noch nicht aufgerissen. Das Kunstleder war also noch intakt und sogar noch relativ geschmeidig. Den 50 Jahre alten Dreck entfernt man am besten mit einer Schrubber-Bürste und Kunststoffreiniger. Ab Werk wurde das mit dem Grundträger verklebt. Hier in diesem Fall konnte man den Bezug und auch die Polsterung relativ leicht entfernen, da der Grundträger „leicht“ angerostet war. Nach dem entfernen des losen Rosts ging es dann 24 Stunden ins Zitronensäurebad. Dann in Seifenlauge neutralisieren, grundieren und schwarz matt lackieren.
Das Polster wird auf den Träger mit Pattex Kraftkleber angeklebt. Dann den gereinigten Bezug überziehen und nach und nach an der Metallkante umlegen und festkleben. Dafür braucht man Schraubklemmen, die man über Nacht anbringt.
Die Alu Zierleiste gibt es bei den Holländern in unterschiedlichen Längen zum selber zurechtbiegen. Zum Schluß poliere ich die noch mit Autosol.
Zinkdruckguß als dünnes Blech zu verwenden ist nicht immer eine gute Idee. Besonders dieser dünne Streifen, wo mit einer kleinen 6er Schraube der Deckel am Rahmen festgeschraubt wird. Diese sind sehr oft genau an dieser Stelle gebrochen. Bei mir hing das Bruchstück noch am Rahmen. Und somit kann man das ganz gut reparieren. Ein Verstärkungs-Alublech zuschneiden. Das am Deckel dann inkl. Bruchstück anschrauben. Damit bleibt die Flucht des Deckels erhalten. Dann mit JP Weld ankleben und verschrauben. Nach Aushärtung werden die Hilfsschrauben mit der Dremelflex wieder abgeschnitten, der Rest beigeschliffen und dann wie üblich lackiert. Da natürlich auch die 6er Gewinde im Rahmen ausgerissen waren, habe ich auf 8er Gewinde nachgebohrt und -geschnitten.
Fortsetzung folgt mit Restaurierung einer Zündapp ZD 20 von 1976 Teil-2
Hallo an die Moped Gemeinde
Hier noch der Restaurationsbericht zur Zündapp ZD 20. Den Motor dazu gabs ja schon hier.
https://www.50er-forum.de/threads/ueberholung-eines-3-oder-4-gang-zuendapp-motor.25680/
Vorwort
Normalerweise mag ich ja keine klapprigen Mofas. Eigentlich sind das ja meistens verstärkte Fahrräder mit lahmen 2-Takt Motoren. Dennoch beschlossen meine Kumpels und ich dieses Jahr 2025 mit Mofas und Kutte zum Harley Treffen nach Rüdesheim zu fahren. Gesagt getan. Die Kumpels fuhren ihre Zündapp ZL 25 (2-Gang Schaltung) und ich meine A25 (1-Gang Automatik). Die (Tor-)Tour machte dann doch einen Riesenspaß. Kurz vor Rüdesheim kam uns die Idee vorher nochmal zum Niederwalddenkmal hochzufahren und den herrlichen Rheinblick und ein Bier zu genießen. Die ZLs schaften das locker, aber meine „sportliche“ A 25 kam an und über ihre Leistungsgrenze. Und ich mußte ordentlich unter dem Gelächter der Kumpels mitstrampeln um die Steigung zu erklimmen.
Dennoch geschafft.
Da nach der Tour feststand nun mindestens jedes Jahr so eine Session zu machen, dachte ich mir, daß ich dann aber unbedingt technisch aufrüsten muß. Nur Flachland ist ja auch langweilig.
Also begab ich mich auf die Suche nach einem passenden Objekt. Logischerweise kam für mich nur eine Zündapp 3-Gang in Frage. Die ZS, CS oder Hai Modelle schieden von vornherein für mich aus. Dort merkt man schon sehr deutlich den Sparzwang und viel zu viel Plastik. Für mich der Höhepunkt an Qualität und Langlebigkeit waren schon früher die ZD Modelle. Als Jugendlicher war mein erstes Mofa eine ZD 25 TS. Die bin ich ein Jahr mit Supertherm-Zylinder und 20er Vergaser gefahren. Die Stoßdämpfer waren von einer Florett. Außer das da ständig die Glühbirnen durchgeflogen sind, fuhr das Ding zuverlässig wie eine 50ccm Rakete.
Lang ists her. Hier etwas dümmlich dreinblickend mit 15 Lenzen.
Nach dem Sichten der üblichen Kleinanzeigen, fand ich eine ZD 20 der ersten Serie. Erkennbar unter anderem an den offenen 118mm Bremstrommeln. Der Verkäufer wollte 1.250 Europa dafür. Er sagte die Karre sei angeblich das letzte Mal 2006 gelaufen. Was kaputt war wurde natürlich nicht genau erläutert. Also Termin ausgemacht und ab nach Köln. Das Ding war leider offensichtlich schlechter als beschrieben. Aber es gab die originalen Papiere mit Bedienungsanleitung, aber wiederum keine Schlüssel dazu. Ich wollte erst wieder ohne Mofa abfahren, aber letztendlich haben wir uns auf gerade so erträgliche 1.000,- Europa geeinigt. Der Auspuff ist noch beim Verladen abgefallen und ich ließ das häßliche Ding beim Verkäufer zurück. Das wäre bei mir sowieso im Müll gelandet.
Zuhause erst einmal die übliche Bestandsaufnahme. Da sowieso nichts funktionierte wird das ganze Ding erst einmal komplett zerlegt. Dabei entdeckt man dann auch alle Mängel. Und davon gab es auch reichlich. Und auch ein paar Überraschungen.
Alles war schon einmal nachgepinselt.
Nachdem der Rahmen gestrippt war, kamen eine Menge furchtbare Überraschungen zu Tage. Vor ein paar Jahren hätte ich so einen Rahmen auf den Müll geworfen.
Risse, Brüche und eine bombenfest gerostete Schwinge. Vergleichbar mit einem Starrahmen. Deshalb war auch die Stoßdämpferaufnahme oben im Rahmen-Gußteil ausgelaufen. Hier muß man wissen, daß Zündapp damals Eisenbuchsen und eine Stahlachse verwendet hatte. Rostet daß zusammen, dann ergibt das eine fast unlösbare Verbindung, die auch noch zusätzlich wie ein Dübel im Rahmen wirkt. Bekommt man das nicht mehr auseinander, dann war es das für den Rahmen. An diesem Punkt dachte ich bereits nach, das Ding auszuschlachten und die paar brauchbaren Teile abzubauen. Leider eine üble Dreckskarre, bei der wirklich alles kaputt war. Auch der Motor war so richtig hinüber.
Glücklicherweise ging es dann erst einmal in den Urlaub. Zu Hause wieder angekommen dachte ich mir. OK. Mehr als kaputtmachen geht sowieso nicht mehr. Der Rahmen bekommt eine Chance. Wenn ich die Schwinge zerstörungsfrei vom Rahmen und die Achse aus dem Rahmen bekomme, dann wird die ganze Karre so gut wie möglich restauriert.
Hier die Bestandaufnahme
Und dann kam der Tag der Wahrheit. Zuerst habe ich die Schwinge entfernt. Das ging mit einer kleinen Puk-Säge. Das Sägeblatt paßte gerade so zwischen Rahmen und Schwinge. Das hat ewig gedauert. Spaß hat es faktisch auch nicht gemacht. Gott sei Dank gibt es laute Musik.
Dann kam man an den Rahmen ran. Mit normalen HSS Bohrern kommt man bei so etwas Hartem auch nicht weit. Man sollte von vornherein mit Kobaltbohrern arbeiten. Man hat auch nur die Chance auf Erfolg wenn man ziemlich exakt mittig bohrt. Verläuft der Bohrer in den Rahmen hinein, dann war es das. Also schön langsam freihändig auf dem Boden mit Decke gebohrt. Immer schön mit Öl. Angefangen mit 4mm und nach und nach bis fast 12 mm vorgearbeitet. Endlich gab diese verdammte Achse in der Mitte nach und ich konnte das Lager mit dem Rest der Achse rausschlagen. Das Ganze dauerte einen Vormittag. Die Lagerhülse blieb dabei unbeschädigt.
Dann ging es ans Schweißen. Der Lenkanschlag war wie sehr oft nach hinten gebogen und kurz vor dem abfallen. Mit dem Hammer habe ich das dann wieder passend zurück geklopft und angeschweißt. Zündapp war hier schon ab Werk sehr sparsam mit dem schweißen. Das konnte nicht lange halten.
Dann kam die Hauptarbeit an der Rahmenbasis. Etliche Risse und lose Schweißnähte. Hier wurde wohl ab Werk nicht 100% entfettet. Das war halt schon damals ein Konsumprodukt, welches nicht ewig halten muß. Aber es sind ja auch bereits fast 50 Jahre vergangen und trotz miserabler Behandlung existiert das Ding immer noch.
Zusätzlich zur erforderlichen Reparatur schweiße ich bei den Zündapp-Rahmen immer eine Verstärkung an der Ständeraufnahme mit einer kleinen Stahlbuchse ein. Der Ständer selbst ist die 529/530er Mokick/KKR Version. Dieser erhält auch ein Verstärkungsblech an beiden Seiten und einen Anschlag nach vorne. Den hinteren Anschlag habe ich an den abgenutzten Stellen wieder aufgeschweißt und wird bei der Montage mit einem Gummischlauch überzogen. Klappt man dann den Ständer ein, dann macht es nicht mehr „klack“ und Material wird abgetragen, sondern „blmm“ ganz ohne Materialabtrag.
Jetzt noch die neuen Bronzebuchsen mit dem Holzklotz einschlagen und probeweise die Schwinge zusammenbauen. Nach mechanischer Entfernung mit einer Kunststoffbürste und mit Hilfe des Akkuschraubers, wird das Guß Heck mit Spiritus entfettet und erhält Steinschlagschutz aus der Sprühdose.
Die ausgeschlagenen Gewinde für die Stoßdämpfer werden dann auch entfettet und mit JB Weld verschlossen. Einen Tag später wird wieder aufgebohrt und ein neues M8er Gewinde eingeschnitten. Ich verwende dann etwas längere Schrauben, welche zusätzlich mit einer Mutter und Loctite vom Rahmeninneren gesichert werden kann. Im Original sind die Gewinde nicht durchgängig geschnitten.
Die reparierte Rahmenbasis erhält zusätzlich Zink-Alu Farbe als Korrosionsschutz. Dann wird mit 600er Körnung naß geschliffen und grundiert.
Der Rahmen wird dann nochmal mit 1000er Körnung naß geschliffen und dann lackiert. Zündapp „Racing Rot“ entspricht in etwa RAL 2002 „Blutorange“. Ich verwende grundsätzlich 2K Lack und lackiere in „Zündapp-Qualität“. Also mit der Spraydose. Die Kernkompetenz von Zündapp war damals definitiv nicht das Lackieren. Bei einer neuen Zündapp gab es durch aus das ein oder andere mitlackierte Kleininsekt.
Bevor ich den restlichen Anbauteilen und den Rädern noch beikomme, mache ich zur Erholung erst einmal den Motor. Hier geht es glücklicherweise nicht so grob zu. In meinem kleinen Zündapp Magazin schlummerte noch ein originales Kolben-Zylinder-Pärchen aus 1983 mit 800 km Laufleistung. Die letzten Minitherm-Zylinder hatten statt der üblichen 32mm einen 36er Auspufflansch und die größeren Ü-Kanäle des Mokicks. Die Steuerzeiten des Ein- und Auslasses habe ich dann traditionell mit der Feile noch entsprechend etwas angepaßt. Das untere Kolbenhemd wurde noch dem Ü-Kanal unten angepaßt. Mein Ziel waren optisch original ca. solide 50 Km/h und ordentlich Kraft bergauf.
Leider war die originale Zündanlage völlig hinüber. Das Polrad war krumm, die Bremslichtspule mechanisch zerstört. Die originale 6 Volt 15 Watt Beleuchtung ist natürlich auch ein schlechter Witz und zur Nachtfahrt eher nicht geeignet. Deshalb fiel meine Wahl auf eine einfache 12 Volt CDI Zündung mit 35 Watt. Da der Motor etwas höher als original drehen wird, und der Generator ungeregelt durchaus bis zu 16 Volt unter Last auf die Glühlampen gibt, habe ich vorne eine 12 Volt 55 Watt H7 Birne eingebaut. Diese leuchtet sehr angenehm hell und fliegt nicht gleich durch. Sie funktioniert ähnlich wie ein Spannungsbegrenzer. Man nimmt einfach von der originalen Birne den Außenkranz ab, und steckt die H7 Birne rein. Gehalten wird diese durch den originalen Fußkontakt, der ja isoliert ist. H7 Birnen habe ja ein eigenes Anschlußkabel.
Und weiter geht’s zu den Felgen. Hier kam nach dem Abschleifen das Produktionsdatum zum Vorschein. So wie das aussieht ist diese ZD 20 wohl unmittelbar nach der Vorserie produziert und einer der ersten dieser Serie. Die Produktion begann laut den Aufzeichnungen im November 1976 und wurde im Frühjahr 1977 an die Händler ausgeliefert.
Und dann die übliche Prozedur: Schleifen, grundieren und neue Lager einbauen.
Dann noch Felgensilber mit anschießend Klarlack darüber lackieren.
Weitergehts mit der Sitzbank. Diese war glücklicherweise noch nicht aufgerissen. Das Kunstleder war also noch intakt und sogar noch relativ geschmeidig. Den 50 Jahre alten Dreck entfernt man am besten mit einer Schrubber-Bürste und Kunststoffreiniger. Ab Werk wurde das mit dem Grundträger verklebt. Hier in diesem Fall konnte man den Bezug und auch die Polsterung relativ leicht entfernen, da der Grundträger „leicht“ angerostet war. Nach dem entfernen des losen Rosts ging es dann 24 Stunden ins Zitronensäurebad. Dann in Seifenlauge neutralisieren, grundieren und schwarz matt lackieren.
Das Polster wird auf den Träger mit Pattex Kraftkleber angeklebt. Dann den gereinigten Bezug überziehen und nach und nach an der Metallkante umlegen und festkleben. Dafür braucht man Schraubklemmen, die man über Nacht anbringt.
Die Alu Zierleiste gibt es bei den Holländern in unterschiedlichen Längen zum selber zurechtbiegen. Zum Schluß poliere ich die noch mit Autosol.
Zinkdruckguß als dünnes Blech zu verwenden ist nicht immer eine gute Idee. Besonders dieser dünne Streifen, wo mit einer kleinen 6er Schraube der Deckel am Rahmen festgeschraubt wird. Diese sind sehr oft genau an dieser Stelle gebrochen. Bei mir hing das Bruchstück noch am Rahmen. Und somit kann man das ganz gut reparieren. Ein Verstärkungs-Alublech zuschneiden. Das am Deckel dann inkl. Bruchstück anschrauben. Damit bleibt die Flucht des Deckels erhalten. Dann mit JP Weld ankleben und verschrauben. Nach Aushärtung werden die Hilfsschrauben mit der Dremelflex wieder abgeschnitten, der Rest beigeschliffen und dann wie üblich lackiert. Da natürlich auch die 6er Gewinde im Rahmen ausgerissen waren, habe ich auf 8er Gewinde nachgebohrt und -geschnitten.
Fortsetzung folgt mit Restaurierung einer Zündapp ZD 20 von 1976 Teil-2