Hallo liebe Mopedfreunde,
hier im Forum tauchen ja immer wieder die gleichen frustrierenden Feststellungen auf, daß die E4 Minarelli AM6 Motore schlecht anspringen und kaum einstellbar sind. Und eigentlich nur nerven. Das ist soweit auch richtig, wenn man die Funktionsweise nicht versteht und meint mit ein paar Plug & Play China-Teilen und mit der Entfernung einer nicht vorhandenen "Abgasrückführung" läuft dann das Teil besser. Das wird faktisch so nicht funktionieren. Interessanterweise werden bereits sehr junge kaputt frisierte E4 Fahrzeuge zum Schlachten sehr billig angeboten. Hier kann man wirklich noch Schnäppchen machen. Der AM6 ist auch in der Euro4 Version ein Top Motor, der nur etwas Zuneigung und Know-How benötigt um richtig Spaß zu machen. Deshalb hier mal eine kurze Zusammenfassung wie die Fahrzeuge funktionieren und wie man denen dauerhaft Manieren beibringen kann.
Funktion der Minarelli AM6 E4 Abgasreinigung:
Die verbaute Abgasreinigung verfügt über einen Vor- und Hauptkat im Auspuff, einem ECU Steuergerät und einem Sekundärluftsystem (SLS). Dieses bestehend aus einer Membranventil gesteuerten Luftzuführung in den Abgaskrümmer, und einer temperatur- und lastgesteuerten Luftzufuhr in den Vergaser/Ansaugtrakt. Das geschieht über ein weiteres Magnetventil mit Pulsweitenmodulation (sitzt unter dem Tank). In Abhängigkeit von Motortemperatur und Lastzustand (je nach Stellung des Gasschieber) errechnet die ECU nun die nötige Luftmenge um ein möglichst mageres Kraftstoff-Luftgemisch bereitzustellen. Nach der Verbrennung gelangen diese bereits abgemagerten Abgase in den Auspuff und werden zusätzlich durch die Luftzufuhr im Krümmer aufgeheizt. Das Membranventil, welches sich unter der Sitzbank befindet ist mit einem Anschluß am Luftfilter und mit dem anderen am Krümmer per Schlauch verbunden. Im unteren und mittleren Drehzahlbereich liegt an diesem Krümmer-Röhrchen ein Unterdruck an und die zusätzliche „Verbrennungs-Luft“ wird in den Krümmer angesaugt. Dort heizen sie den Vorkat zwischen Krümmer und Auspuff so auf, daß dort ein Großteil der Abgase stark erhitzt und vorgereinigt den Hauptkat erreichen und dieser die Abgase nochmals katalytisch reinigen kann. Bei höheren Drehzahlen ändert sich durch den Staudruck im Auspuff das Vakuum in einen Überdruck. Jetzt verschließt die Membrane den Schlauch, daß eben keine Abgase in den Luftfilter gedrückt werden. Jetzt erklärt sich auch hoffentlich, warum das erstens mit einer Abgasrückführung nichts zu tun hat, und 2. Warum das alleinige Entfernen dieser Vorrichtung sinnlos ist und immense Nachteile bringt.
Welche Fehler werden nun häufig gemacht?
Die vermeintliche „Abgasrückführung“ wird abgetrennt oder zugestopft in dem Irrglauben, daß das mehr Leistung bringt. Leider passiert dann genau das Gegenteil. Die Abgase werden nicht mehr heiß genug und der Kat setzt sich sehr schnell und nachhaltig zu. Das Ergebnis ist also Minder- statt Mehrleistung und ein maximal verkohlter und verölter Auspuff. Teilweise irreparabel zugekokt.
Oder es wird einfach der Vergaser größer bedüst, weil man das mal „gehört“ hat. Das Ergebnis ist, daß unsere zusätzliche Luftzufuhr im Ansaugtrakt sehr viel der größeren Düse bei höheren Drehzahlen einfach mit Luft kompensiert. Dadurch hat man nur die Startunwilligkeit dank Verfettung weiter erhöht.
Eine sehr häufige Feststellung und immer wieder gern gelesen. Auch ein größerer Vergaser bring nichts, da die originale ECU den nicht kennt. Viele verzweifeln dann auch, weil sie einfach keine passende Haupt-Düse finden. Das werden sie in dieser Konfiguration auch nicht schaffen. Oder halt der komplette Umbau auf die E3 Version mit zerschneiden des Kabelbaums. Das heißt ABE für immer vernichtet und bei einer gründlicher Untersuchung ein Fall für den Schrottplatz.
Also was ist zu tun?
Bei den Euro 4 Motoren muß man meistens mehrere Dinge gleichzeitig ändern und in jedem Fall die richtige Reihenfolge einhalten. Mit überschaubarem Aufwand und für ca. 300,- € Neuteile holt man mit den restlichen originalen Teilen geschmeidige 80 Km/h und einen spurtstarken und zuverlässigen Motor heraus. Die originalen E4 Steuerzeiten des Zylinders sind für einen 50 ccm Serienmotor sensationell und „schreien“ praktisch nach Entfesselung. Wer nicht unbedingt jenseits der 100 km/h völlig illegal unterwegs und alle paar Momente irgend etwas reparieren will, der braucht weder 70 ccm Sätze, die oftmals nicht von 12 bis Mittag halten, noch irgend welche "Resoauspuffe", die ebenso wenig mit der originalen Konfiguration klarkommen und für den schnellen Überhitzungstot sorgen.
Folgende Neuteile sind aber erforderlich:
- ECU ohne Drehzahlbegrenzung. zum Bsp. bevorzugt die von
Dellorto 431096, oder aber auch Naraku, etc.
- Einlaß Ansaugmembranblock
Malossi VL6 mit Carbonzungen
- Hauptdüsen
94, 96, 98
- Kettenrad
55 Zähne
- Ritzel
12 (hauptsächlich Gelände) oder
13 Zähne (hauptsächlich Straße)
Folgende Arbeiten sind zu erledigen:
Stufe 1 also ca. lockere 65-70 Km/h und guter Durchzug
1.Vorkat zwischen Krümmer und Auspufftopf
und den Haupt-Kat direkt am Staurohr entfernen. So wie hier das sehr schön von Hermann zu sehen ist:
https://www.50er-forum.de/threads/generic-trigger-sm50-bj-2019-euro4-startet-extrem-schlecht.23931/
2. Nun ECU und Membranblock tauschen. Am Luftfiltergehäuse das Reduktionsstück an der Ansaugung aus Plastik entfernen.
3. Ritzel und Kettenrad umbauen.
4. Empfohlene Hauptdüse einbauen. Ich würde mit der 96er anfangen und je nach Verhalten des Motors eine Stufe runter oder hochgehen. Meistens paßt aber die 96er perfekt.
- Das Sekundärluftsystem bleibt dabei komplett unberührt!
Stufe 2 „Das Klima-Gretel-Upgrade“ also ca. 75-80 km/h und noch besseren Durchzug
Stufe 1 abarbeiten und
zusätzlich den Luftschlauch (der zwischen Vergaser und Magnetventil sitzt) direkt am Magnetventil unter dem Tank abziehen und mit einer kleinen Schraube und Schelle verschließen. Dort in der Nähe des Magnetventil mit Kabelbinder festbinden. Ebenso den nun freigelegten Stutzen des Magnetventil mit einem kleinen abgedichteten Schlauch verschließen. Die elektrische Verbindung zwischen Magnetventil und ECU behalten wir bei und „gaukeln“ somit der ECU ein funktionierendes Magnetventil vor. Zusätzlich dürfen wir jetzt (Endlich!) auch den Schlauch der Luftzuführung Richtung Krümmer abziehen. Allerdings lasse ich den Schlauch am Krümmer aus optischen Gründen dran. Abgezogen wird er direkt oben am Membranventil nähe Luftfilter. Auch dort kommt eine Verschlußschraube mit Schelle zum Einsatz. Also optisch bleibt alles original.
Folgender Effekt wird dadurch erreicht. Durch die im Original gemeinsame Nutzung des Luftfiltergehäuses vom Vergaser
und der Luftzufuhr zum Auspuff, bekommt der Vergaser gerade in den mittleren Drehzahlbereichen regelrecht die Luft weggenommen. Jetzt aber können wir zusätzlich noch eine Stufe größer bedüsen, ohne daß uns der gewünschte Effekt vom Sekundärluftsystem zu Nichte gemacht wird. Hier ist eine 98er Hauptdüse die erste Wahl.
Hat man das genau so abgearbeitet, dann garantiere ich ein Super Startverhalten bei 1-2 Kickstartertritten, eine kraftvolle Leistungsentfaltung, und locker 75-80 km/h bei einer 13 auf 55er Übersetzung. Optisch bleibt alles original und der Motor ist deutlich zuverlässiger und weniger störanfällig. Und wenn es wirklich darauf ankommt, kann man alles wieder bis auf den Auspuff (ein gebrauchter geht ja auch) zurückbauen.
Und wer das bis hier her gelesen hat nochmal der Hinweis:
Stufe 2 vor Stufe 1 zu machen ist sinnlos und bewirkt faktisch eine Minderleistung!!
Schöne Grüße Christoph